Das modell der Zukunft? die Vier-Tage-Woche.
Auch wenn Berichte über die Verkürzung der Arbeitszeit in Finnland nur ein Missverständnis waren, hat dieser Vorfall neue Kontroversen entfacht: Die Idee, an vier Tagen in der Woche zu arbeiten, begeistert nach wie vor viele Mitarbeiter. In diesem Artikel gehen wir darauf ein, warum unsere Gesellschaft immer noch darauf besteht, 5 Tage die Woche zu arbeiten und welche Auswirkungen die 4-Tages Woche auf die Unternehmen hätte.
Seit wann gibt es die 5-Tage-Woche?
Wer wissen will, warum heute oft 5 Tage die Woche gearbeitet wird, muss an die Zeiten des Kaiserreichs zurückdenken. Hier arbeiteten die Deutschen 70 Stunden pro Woche – heute undenkbar. Diese Zahl ist mehr oder weniger stetig zurückgegangen und lag nach dem Zweiten Weltkrieg bei etwa 48 Stunden, verteilt auf sechs Tage. Im Rahmen einer Großveranstaltung hat sich der Deutsche Gewerkschaftsbund für die 40-Stunden-Woche eingesetzt. Ein Erfolg: Schon bald wurde die erste 40-Stunden-Woche in der Industrie tarifvertraglich vereinbart. Diese Regelung breitete sich auf immer mehr Branchen aus und wurde schließlich in den 1960er Jahren zum Standard – aber sie ist bis heute nicht gesetzlich geregelt. Hier schreibt das Arbeitszeitgesetz lediglich die Einhaltung des Acht-Stunden-Systems vor.
Bei der sogenannten 5-Tage-Woche werden demnach fünf Tage gearbeitet und zwei Tage haben die Mitarbeiter frei. Die durchschnittliche Arbeitszeit beträgt laut Vertrag 35 bis 42 Stunden. Der gesetzliche Urlaubsanspruch liegt zudem bei 20 Werktagen. Diese Regelung soll sicherstellen, dass Arbeitnehmer pro Jahr bei der 5-Tage-Woche mindestens vier Wochen Urlaub erhalten.
Im Vergleich zu einer 5-Tage-Woche lässt sich nicht genau feststellen, woher die Idee einer 4-Tage-Woche stammt. Fakt ist aber, dass eine kürzere Woche in der Geschäftswelt kein spontaner Trend ist. Die 4-Tage- Woche wurde schon ausführlich getestet. Im Sommer 2019 durchspielte ein Unternehmen das Konzept und erzielte positive Ergebnisse mit einer 40-prozentigen Produktivitätssteigerung durch die Arbeit an 4 Tagen in der Woche. Selbst für die kleinen Unternehmen wäre die 4-Tage-Woche eine Option. Auch die Fahrradnavigation des Berliner Unternehmens „Bike Citizens“ setzt auf ein 36-Stunden-Vier-Tage-Arbeitssystem und übernimmt nun nach erfolgreicher Erprobung vollständig das 4-Tage-Arbeitssystem.
Frischer Wind in der Arbeitswelt
Man könnte meinen, dass es Zeit ist, nach über 50 Jahren mal wieder frischen Wind in die Arbeitswelt zu bringen. Es gibt kaum Ergebnisse zu der Frage, warum die 40-Stunden-Arbeitszeit auf 5 Tage aufgeteilt wurde. Ob dieser Zustand das Optimum ist, ist umstritten. Durch die zunehmende Flexibilität, beispielsweise durch agiles Arbeiten und mobile Arbeitsplätze, ändern sich die Werte und Prioritäten der Mitarbeiter von Generation zu Generation. Die fortschreitende Digitalisierung, die auch technologische Fortschritte in Form von künstlicher Intelligenz beinhaltet, wird über kurz oder lang einen großen Einfluss auf unsere Arbeit haben. Es wird davon ausgegangen, dass die 5-Tage-Woche nicht für immer bestehen bleibt.
Außerdem klingen flexible Arbeitszeiten und Homeoffice in der Theorie meist besser, als sie es tatsächlich sind. Eine Studie aus dem Frühjahr 2019 kam zu dem Schluss, dass flexible Arbeitszeitmodelle für Männer und Frauen eher zu längeren Arbeitszeiten als zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben führen. Für Eltern wird die sogenannte Entlastung durch Flexibilität oft zur Doppelbelastung, weil sie in vielen Fällen neben der Arbeit mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen müssen.
Das Interesse an Änderung ist da …
Speziell junge Personen finden ihre Erfüllung weniger im Job, sondern in ihrer Freizeit. Sie ziehen es vor, ihre Arbeitszeit zu verkürzen, um mehr Zeit für Freizeitaktivitäten zu haben. Dieser Wunsch nach mehr Unterhaltung vereint allerdings nicht nur junge Berufseinsteiger. Laut einer Studie vom September 2019 würden 66 % der europäischen Arbeitnehmer die 4-Tage-Woche vorziehen, solange ihr Verdienst sich nicht mindert. Lediglich 15 Prozent würden auf den Anteil ihres Gehalts verzichten, um mehr Freizeit zu haben. Eine weitere Untersuchung aus dem Frühling 2019 kommt zu ähnlichen Resultaten.
Gleichzeitig befürchtet 30 Prozent der Befragten, dass die Kürzung der Arbeitstage bei gleichbleibendem Arbeitsaufwand enormen Stress mit sich bringen würde. Zahlreiche Mitarbeiter sagten, sie befänden sich jetzt näher an einer 6-Tage-Woche als am Modell mit reduzierter Wochenarbeitszeit. Dieser Hinweis auf geleistete Überstunden ist wohl auch die Erklärung dafür, warum ein Drittel der Befragten angibt, ihr Pensum innerhalb von vier Tagen nicht zu schaffen und vermutlich auch trotz offizieller Reduzierung der Arbeitszeit einen fünften Tag arbeiten müssten.
Effizienz – der Schlüssel zum Erfolg
Effizienz ist der Schlüssel für den Arbeitgeber bei Einführung der 4-Tage-Woche – vor allem, wenn die Arbeitnehmer dafür das gleiche Gehalt erhalten wollen wie zuvor für fünf Tage. Eine höhere Produktivität könnte durch die Optimierung interner Prozesse und die Verbesserung der genutzten Technik (z. B. Computer und Software) erzielt werden.
Aber nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Arbeitnehmer müssen etwas ändern: Ablenkungen, Pausen und Gespräche müssten reduziert werden. Schon vor Jahren wurden Studien veröffentlicht, die belegen, dass nach einer solchen Unterbrechung die Fehlerquote deutlich ansteigt und wir mehr als 20 Minuten brauchen, um wieder vollständig in unser eigentliches Thema einzutauchen. Ein Beispiel für die erfolgreiche Einführung der 4-Tage-Woche ist das Unternehmen von Microsoft in Japan. Bei einem internen Test implementierte das Unternehmen testweise eine 4-Tage-Woche bei vollem Gehalt für 2.300 Mitarbeiter. Aus der daraus resultierenden Studie lässt sich entnehmen, dass die Arbeitnehmer nicht nur insgesamt glücklicher waren, sondern dass die Produktivität im Vergleich zum Vorjahresmonat um 39,9 % gesteigert wurde. Ressourcen wurden gespart und die Unterstützung der verkürzten Arbeitswoche war groß. Ähnliche Experimente kamen zu denselben Ergebnissen
Unternehmen, die das Modell der 5-Tage-Woche auf die 4-Tage-Woche umstellen möchten, sollten für eine erfolgreiche Umsetzung einige Tipps beachten: Damit das Modell in Zukunft einwandfrei funktioniert, wäre es sinnvoll, eine Übergangsphase für die 4-Tage-Woche einzuplanen.
- Strategien für die Zusammenarbeit sollten gemeinsam aufgestellt werden. Es stärkt die Motivation, wenn sich die Ziele gemeinsam erreichen lassen.
- Alle Kunden und Geschäftspartner sollten über den neuen Plan in Kenntnis gesetzt werden.
- In der Dienstleistungsbranche lohnt es sich ein Schichtsystem einzuführen, damit der Service und die Erreichbarkeit innerhalb der Arbeitswoche weiterhin gewährleistet sind.
- Es sollten sich alle daran halten – auch der Chef. An freien Tagen sollte auf Mailverkehr verzichtet werden, um den Eindruck zu vermeiden, dass auch die Mitarbeiter den freien Tag selbstverständlich als Arbeitstag nutzen sollen.